In Ulm und um Ulm herum entstanden: Die glattfüßige Süddeutsche Mönchtaube
Der glattfüßige Süddeutsche Mönch, wie er gerne genannt wird, nimmt unter den 14 Rassen der süddeutschen Farbentauben in zweierlei Hinsicht eine Sonderstellung ein. Zum Einen ist er die einzige Rasse mit schlanker statt kräftiger Feldtaubengestalt und zum Anderen ist sein Kopf von einer Spitzkappe geziert.
Seine Entstehung scheint wohl eng mit der Stadt Ulm an der Donau in Verbindung zu stehen. Denn der Beinamen „Ulmer Schecke“ wird mit der Rasse in Verbindung gebracht seit sie in einschlägiger Rassetaubenliteratur publiziert wird. Man darf daraus wohl ableiten, dass die Gegend um Ulm und um Ulm herum als Erzüchtungsgebiet und ehemaliges Hauptverbreitungsgebiet angesehen werden darf. Verwandtschaftliche Beziehungen zu den Thurgauer Mönchtauben aus dem Schweizer Kanton Thurgau und den Thüringer Mönchtauben aus dem „Grünen Herzen Deutschlands“ bestehen ohne Zweifel. Wahrscheinlich kann auch zum Starmönch eine Verbindungslinie gezogen werden. Während ich vor wenigen Jahren noch der Ansicht war, dass die Süddeutschen und Thurgauer Mönchtauben im die Krone konkurrieren, wer denn nun die ältere Rasse sei, habe ich mich diesbezüglich eines besseren belehren lassen müssen. Karl Stauber beschreibt im neu erschienen Buch „Alles über Rassetauben – Band IV Farbentauben“, dass die Erzüchtung des Thurgauer Mönches auf das Ende des 19. Anfang des 20. Jahrhunderts zurückgeht, wie glaubhafte Schilderungen beweisen. Damit wäre die Sache ein für allemal geklärt – der glattfüßige Süddeutsche Mönch, die „Ulmer Schecke“, ist die älteste der derzeit existenten, spitzkappigen und glattfüßigen Mönchtauben. Die Thüringer Mönchtaube ist ein Produkt des 20. Jahrhunderts und wohl eher aus parteipolitischen Entscheidungen heraus entstanden.
Im Standard unterscheiden sich die drei Rassen nur unwesentlich in Bezug auf die spezifischen Rassemerkmale. Anders sieht es hingegen mit den anerkannten Farbenschlägen aus. Während die Thurgauer und Thüringer Mönchtauben in einer Vielzahl von Farb- und Zeichnungsarten zugelassen sind, existiert die glattfüßige Süddeutsche Mönchtaube nur in der traditionellen blauen Grundfarbe. Der ursprüngliche Farbenschlag ist blau mit weißen Binden und kann auch heute noch die meisten Züchter auf sich vereinigen. Die Blauen ohne Binden sind eine Rarität an sich und wurden in den alten Bundesländern von Karl – Josef Wirmer, Warendorf, erzüchtet, ehe sich Rolf Graf, Berlin, intensiv um ihre Zucht mühte. Die Blau-Weißgeschuppten kamen mit der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten in den gesamtdeutschen Rassetaubenstandard und werden seither von einem konstanten, wenn auch kleinen, Züchterkreis umsorgt.
Die Grundfarbe wünscht man sich bei allen gleich, nämlich ein helles, gleichmäßiges blau. Als Gradmesser für die Gleichmäßigkeit kann die Bauchfarbe gelten. Hier kann man heute, namentlich bei den Blauen mit weißen Binden, höchste Ansprüche stellen. Selbst die Täubinnen, die immer eine Nuance dunkler in der Grundfarbe sind, müssen hierin einwandfrei sein. Lediglich bei den Blauen ohne Binden und den Blau-Weißgeschuppten kann, beziehungsweise muss man etwas Nachsicht walten lassen. Bei den Blauen ohne Binden muss die Schildfarbe schön gleichmäßig ausfallen und darf in der Bindengegend keinen Pfeffer zeigen. Eine genügende Armschwingenpigmentierung ist bei diesem Farbenschlag unverzichtbar um die Grundfarbe im Bauchbereich nicht vollends aus den Augen zu verlieren. Ebenfalls werden bei diesem Farbenschlag die unterschwingten Tiere wichtige Zuchtpartner im Schlag sein. Im Gegensatz zu den anderen Farbenschlägen werden oftmals Blaue ohne Binden mit nur sieben weißen Schwingen ausgestellt, die dann natürlich spießen, also die Schildrundung nicht exakt ist. Auch wenn diese die oftmals Besten in der Bauchfarbe sind, sollte für die Höchstnote die Schildrundung vollkommen sein.
Bei den Blauen mit weißen Binden müssen auf beiden Flügelschildern zwei schmale, rein weiße Binden mit einem feinen, schwarzen Endsaum vorhanden sein. Hier können schon hohe Anforderungen gestellt werden. Rost und Pfeffer in den Binden gehören der Vergangenheit an und sollten auch dementsprechend geahndet werden.
Die Schuppung bei den Blau-Weißgeschuppten ist im Idealfall keilförmig, eine Dreiecksschuppung, wie sie auch bei den sächsischen Farbentauben und Marmorstaren gefordert wird. Der schwarze Schuppungssaum ist auch hier eine klare Standardforderung.
Bei der letzten Preis- und Sonderrichterschulung des Sondervereins der Züchter Süddeutscher Farbentauben sind wir darüber eingekommen, dass wir eine eher aufgelockerte Schuppung im Flügelbugbereich tolerieren müssen und das Schulter- und Herzgefieder nicht nahezu vollends weiß zu erhalten. Wäre nämlich der Flügel gleichmäßig durchgeschuppt, wäre eine absetzende Bauchfarbe sowie weiße Spritzer im Hinterhals- und Brustbereich die logische Konsequenz. Der Weg zu blau-weißgeschuppten Starmönchen also klar vorgegeben.
Überhaupt ist anzuraten immer mal wieder bindige mit weißgeschuppten Tieren untereinander zu verpaaren um den fortschreitenden Pigmentverlust bei den Geschuppten in Grenzen zu halten. Geschuppt x Geschuppt würde auf Dauer eine Pfeilspitzzeichnung fördern, der Halsring wäre da und blaue Silberschuppenmönche entstanden.
Eine Erweiterung der Farbpalette ist nicht erstrebens- und wünschenswert. Will jemand andersfarbige Mönche züchten, hat er in den Thurgauer und Thüringer Mönchtauben die passende Rasse. In den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts kamen aus dem Schwarzwald Schwarze mit weißen Binden du sollten als Farbenschlag der glattfüßigen Süddeutschen Mönchtaube anerkannt werden. Im Sonderverein war man allerdings anderer Ansicht. Man wollte keinen mit groben Fehlern (fehlender Mond) behafteten Starmönchen zu Standardehren verhelfen. Wie auch immer – die Züchter haben mit den drei anerkannten Farbenschlägen genügend züchterischen Anreiz und Herausforderung, so dass eine Erweiterung der Farbpalette nun wirklich nicht die dringlichste Aufgabe ist.
Neben der attraktiven Farbe und Flügelzeichnung macht den besonderen Reiz dieser Rasse die Form, Kopfpunkte und Großzeichnung aus. Wie bereits beschrieben, unterscheidet sich die glattfüßige Süddeutsche Mönchtaube figürlich von den anderen süddeutschen Farbentaubenrassen. Sie soll den Eindruck einer schlanken, veredelten Feldtaube vermitteln. Doch ist dieses „schlank“ keinesfalls mit klein und schmächtig gleichzusetzen. Vielmehr wird das schlanke durch das sehr straffe Gefieder herausgestellt. Ich wage ernsthaft zu bezweifeln, dass die glattfüßigen Mönche im Schlachtkörpergewicht hinter dem anderer süddeutschen Farbentauben hinterherhinken.
Eine besondere Bedeutung kommt der Halsführung zu. Durch die straffe Feder wirkt er nach dem Kopf zu verjüngend und ist in der Kehle gut ausgerundet. Der Kopf muss eine harmonische Stirnwölbung aufweisen und am Hinterkopf eine, am besten hoch auslaufende, Spitzkappe aufweisen. Der Hauben- oder besser Kappenkamm am Hinterhals soll ohne Unterbrechungen, also ohne die verpönte Kimme sein. Der Kopf wirkt eher schmal als breit. Ein zu breiter Kopf würde der Rassigkeit Abbruch tun und einen breiten Kappenschluss nach sich ziehen.
Im Übrigen steht die Körperform in typischer Feldtaubenmanier, das heißt, dass die Beine glatt und rot sind. Die Krallenfarbe wird hell gewünscht, eine dunkle Krallenfarbe wäre wohl auch kaum möglich, wie die weiße Fußbefiederung bei den belatschten Mönchtauben beweist. Die Brust sollte eine gewisse Auswölbung aufweisen, um die Tiere nicht schmächtig wirken zu lassen. Alles andere ist im Normalfall in Ordnung, wenngleich auch bei dieser, von Einkreuzungen noch weitestgehend verschonten Rasse, hin und wieder untypisch lange Hinterpartien auftreten. Ist dies der Fall, muss auch zumeist auf eine gute Deckung des Unterrückens geachtet werden.
Wenn wir uns bisher mit der Feinzeichnung und der Körperform beschäftigt haben, soll nun die Großzeichnung, die Mönchzeichnung Erwähnung finden. Spricht man von einer Mönchzeichnung wissen die der Farbentaubenzucht eingeweihten, was damit gemeint ist. Bei farbigem Gefieder sind folgende Körperregionen weiß, und zwar: der Kopf, sieben bis zehn Handschwingen und das komplette Schwanzgefieder, also mit Decke und Keil. Während bei den belatschten Süddeutschen Mönchtauben die weiße Begrenzungslinie am Kopf eher gerade verläuft, sieht sie am schönsten aus, wenn sie bei den Glattfüßigen in einem geschwungenen Bogen zur Spitzkappe läuft. Dabei sollte die Begrenzungslinie so geschnitten sein, dass es in der Kehle zu keiner Kleinstlatzbildung kommt. In Verbindung mit der Spitzkappe und dem weißen kopf, kommt natürlich auch der Augen- und -randfarbe besondere Bedeutung zu und beeinflusst das Erscheinungsbild dieser Rasse wesentlich. Während das Auge dunkel sein soll, wünscht man sich den Augenrand im Idealfall lebhaft rot. Kleine Konzessionen müssen in dieser Forderung noch bei einigen Tieren gemacht werden, wenngleich in letzter Zeit die erfreuliche Tendenz zu roten Augenrändern auf breiter Ebene festgestellt werden kann.
Die korrekte Schwingung macht normalerweise keine Probleme. Zwar gibt der Standard sie mit sieben bis zehn weiße Schwingen vor, doch gelten mehr als zwei weiße Schwingen Unterschied als grober Fehler. Verständlich ist, dass Tiere mit nur sieben weißen Schwingen keine exakte Schildrundung aufweisen – sie spießen. Obwohl sie standardkonform sind, sollte man Tiere mit diesem Erscheinungsbild von der Höchstnote ausschließen. „Hv“ ist jedoch bei sonstiger Hochrassigkeit durchaus zu vertreten und gerechtfertigt.
Vor allem im Zuchtschlag werden Tiere mit sieben weißen Schwingen dringendst gebraucht – sind sie doch die Garanten, dass sich das Weiß der Mönchzeichnung in Grenzen hält. Die Schwanzfedern sowie die Schwanzdecke und -keil sind weiß. Ob die Schwanzdecke nun eine Idee höher oder tiefer geschnitten ist, ist zweitrangig. Vielmehr muss darauf geachtet werden, dass sie gerade verläuft. Im Afterschnitt muss man schon genauer sein. Ist Afterweiß stark ausgeprägt, gilt es als grober Fehler. Als Bewertungshilfe hat sich bewährt, die Taube so zu halten, dass sie auf dem Rücken liegt und das Schwanzende vom Körper des Bewertenden wegzeigt. Sieht man dann in der Draufsicht kein weiß, sollte man nicht suchen.
Wenngleich die Mönchzeichnung recht kompliziert wirkt, ist sie in der Zucht doch ziemlich konstant, was auch den Neuanfänger in der Mönchzucht erfreuen wird. Trotzdem weißt die Mönchzucht ihre nicht unerheblichen Schwierigkeiten auf und bedarf schon des ganzen Züchters, um sie zum Erfolg zu führen.
Danken werden es einem die Mönchtauben und hierbei die Glattfüßigen ganz bestimmt. Zum Einen durch eine zahlreiche Nachzucht und zum Anderen durch die Möglichkeit sie naturnah, auch ohne Probleme im Freiflug halten zu können. Als einziger Wermutstropfen ist zu sehen, dass die glattfüßigen Süddeutschen Mönchtauben recht flüchtig sind und selbst bei intensivster Betreuung etwas scheu bleiben.
Wilhelm Bauer